Clubhouse – Auch ein Medium für die Wissenschaftskommunikation?


Clubhouse – Auch ein Medium für die Wissenschaftskommunikation?

Als ich gefragt wurde, ob ich eine Clubhouse-Einladung möchte, ging ich von einem neuen Streamingdienst für Musik aus und lehnte zunächst freundlich ab: „Ich bin gerade erst von Spotify auf Apple Music umgestiegen… aber lieb, dass du fragst.“ bis ich dann erfuhr, dass es sich um eine Art Live-Podcast handelt, bei der man sich aktiv in Diskussionen einbringen kann. Und wenn ich Podcast höre, denke ich auch gleichzeitig an Forschung und Wissenschaft und die tollen Formate, die es in diesem Bereich gibt. Klappt Clubhouse eigentlich auch für die Wissenschaftskommunikation?

Mit der Einladung installierte ich die App auf meinem iPhone. Da ich mit Wissen schmeckt nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Rolle als „Foodie“ unterwegs bin, fand ich hier zunächst viele meiner Kontakte aus diesem Bereich wieder. Einzelne Diskussionsrunden mit diesen Kontakten wurden angezeigt und ich klickte mich rein, sah dann, wer mit wem vernetzt ist und ich wurde auch prompt „nach oben“ geholt, um mich im erlesenen Kreis der Speaker an der Diskussion zu beteiligen. Man bewegt sich hauptsächlich in der Blase seiner eigenen Kontakte aus dem Adressbuch, darum bietet es sich auch an, neue „Räume“ bzw. „Clubs“ zu entdecken.

Im englischsprachigen Raum fand ich auch tatsächlich viele weitere spannende Unterhaltungen. Prominente Persönlichkeiten sind mitunter genauso ein Magnet für viele Zuhörer wie die Aktualität und Relevanz der Themen. Moderatoren sind in solchen Räumen dann gleichzeitig auch Speaker, die wiederum weitere Speaker ins Podium einladen können. Als besonders angenehm empfand ich Diskussionsrunden mit 2 bis 4 Speakern – die Möglichkeit, weitere Speaker temporär auf die Bühne zu holen und wieder ins Publikum zu schicken, ist wohl die wichtigste Funktionalität bei solchen Diskussionen. Dafür hebt man dann die Hand aus dem Publikum, äußert sich zum Thema und bleibt je nach Bedarf auf der Bühne, bis man sich wieder in die stille Zuhörerschaft verabschiedet.

Es gibt also Moderatoren, die ein Thema festlegen und Speaker ernennen, die entweder von Anfang an dabei oder zunächst Zuhörer sind und werden dann in die Diskussion eingeladen, wenn sie was sagen wollen. Oder man ist einfach als stiller Zuhörer dabei, wie bei einem Podcast.

Podcasts funktionieren vergleichsweise wie eine Einbahnstraße, die Interaktion von Podcastersteller und Zuhörer halten sich je nach Medium in Grenzen. Diese Grenzen kann Clubhouse auflösen, indem Contentersteller und -konsument live aufeinandertreffen und zusammen über ein Thema diskutieren. Man muss nicht über angeborene Moderationsfähigkeiten verfügen, sollte aber schon in der Lage sein, die Speaker in der Runde abzuholen und gleichzeitig auch das Publikum mitzunehmen. Die Inhalte sind dynamisch und nicht so einfach steuerbar wie bei einem Podcast. Wie bei jedem anderen Medium spielt aber auch die Followerschaft eine wichtige Rolle. Durch das Anlegen von Clubs – erfolgt derzeit noch manuell und pro Nutzer auf zwei Clubs reglementiert – können Gruppen geschaffen werden, in denen sich Nutzer zusammenfinden. Auch lassen sich Termine anlegen, um Nutzer auf Diskussionsrunden im Vorfeld aufmerksam zu machen, denn so manche Talkrunde möchte man auch gerne von Anfang an mitbekommen. Der Live-Charakter kann somit auch von Nachteil sein, wenn man sich zu spät einschaltet… ähnlich wie im Kino, wenn der Film schon seit einer halben Stunde läuft.

Mit Blick auf die Wissenschaftskommunikation kann Clubhouse insgesamt eine spannende App darstellen, um als zusätzliches Medium die Interaktion und den Ausbau der Community zu fördern. Denkbar wäre die Produktion von bestimmten Formaten vorab (als Podcast, Video auf YouTube usw.) und die regelmäßig terminierte Diskussionsrunde auf Clubhouse, um mit der Community in persönlichen Kontakt zu treten. In durch Video- und Telefonkonferenzen geprägten Zeiten erscheint diese App als simple und zeitgemäße Weiterentwicklung der sozialen Medien, um mit vielen Menschen in Kontakt zu treten und sich über Audio auszutauschen, statt Kommentare schriftlich zu verfassen. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich Clubhouse entwickelt, denn aktuell wird das Wachstum durch exklusive Einladungen und die iOS-Plattform künstlich eingeschränkt – die breite Masse erreicht es dadurch (noch) nicht.